Freitag, 3. Oktober 2008

Waffenrecht - Was wir von Großbritannien lernen können

Fast täglich flimmern Horrormeldungen wie diese über unseren heimischen Fernsehbildschirm.

"In Buxtehude erschoss gestern Nacht ein 36 jähriger Mann nach einem Ehestreit seine Frau und anschließend sich selbst"

Schnell wird dann fraktionsübergreifend der Ruf nach einem schärferen Waffenrecht laut. Denn, so der gemeinsame Tenor, hätte der Mann keine Waffe gehabt dann hätte er seine Frau und sich auch nicht erschiessen können.

Eine weitere Meldung:

"Blutbad in Rüsselsheimer Eisdiele - Drei Menschen sind in der Rüsselsheimer Innenstadt erschossen worden, ein viertes Opfer des brutalen Überfalls ringt mit dem Tod. Die vielen Augenzeugen sind geschockt"

Auch bei solchen Meldungen wird regelmäßig fast gebetsmühlenartig die Frage gestellt woher die Täter die Waffen bekommen konnten. Doch sind diese Vorfälle vergleichbar? Kann man diese schlimmen Dinge wirklich verhindern indem man das Waffenrecht verschärft? Wagen wir einen Blick ins benachbarte Ausland, die uns in dieser Frage schon etwas vorraus sind.

"Großbritannien - ist jetzt Kriminal-Hauptstadt des Westens"

so zumindest sieht es Sophie Goodchild, Home Affairs Correspondent, London.

Sie könnte Recht haben, denn das UNO Interregional Crime&Justice Research Institute legt offen, dass die Einwohner in England und Wales mehr Verbrechen pro Kopf erleben als alle anderen Einwohner der 17 Länder die in dem Berich analysiert wurden. Unter anderem die USA, Japan, Frankreich und Spanien.

Die Forscher der UNO-Studie fanden heraus, dass nahezu 55 Verbrechen pro 100 Einwohner in England und Wales passieren. Im Vergleich dazu beträgt der Durchschnitt der anderen Industrieländer lediglich 35 pro 100.

England und Wales halten ebenfalls den Rekord was die "sehr schweren" Verbrechen anbetrifft, wobei 18 solche auf 100 Einwohner gezählt wurden. Australien liegt mit 16 pro 100 auf dem zweiten Rang. Bei den «Kontakt-Verbrechen» wie Raub, Sexueller Überfall und gewalttätiger Überfall, waren England und Wales mit 3,6% im 2. Rang der Länder. Zum Vergleich: Die USA liegt bei 1,9%.

Und das obwohl doch sonst immer die USA den Miesepeter als gewalttätiges Land zugeschoben bekommen. Wussten Sie, dass die Chancen für eine Person beraubt zu werden, in London 6mal grösser sind als in New York City? Wussten Sie, dass die Rate für Angriffe, Raub und Einbruch in England sehr viel höher sind als in den USA? Wussten Sie, dass in England Selbstverteidigung einer Person oder für Eigentum als eine anti-soziale Tat betrachtet wird und dass Jemand, der einen Angreifer verletzt oder tötet riskiert, strenger bestraft zu werden als der Angreifer?

Wenn ich Ihnen jetzt sage dass in England seit 1997 ein Totalverbot von Faustfeuerwaffen gilt, dann stellen Sie sich bitte einmal selbst die Frage wie diese Fakten zusammenpassen. Seit dem Totalverbot ist die Waffenkriminalität übrigens jedes Jahr deutlich im zweistelligen Prozentbereich gestiegen.

Ich sehe die Sache wie folgt: Die steigende Kriminalität ist eine direkte Folge der Revision des Strafrechts im Jahre 1967, bei der die Selbstverteidigung kriminalisiert wurde einerseits und der immer strengeren Waffengesetze bis zum Totalverbot andererseits. Die Regierung schuf eine unglückliche, passive Bürgerschaft und übernahm selber die unmögliche Aufgabe, diese zu beschützen. Die Niederlage dieser Politik ist offensichtlich!

Die britische Regierung verbietet ihren Bürgerinnen und Bürgern sogar das Tragen jeglicher Art von Gegenständen, die zur Selbstverteidigung dienen könnten. Sogar Stricknadeln und Spazierstöcke wurden als "Angriffswaffen" taxiert! 1999 wurde der Bauer Tony Martin, der mit seiner Schrotflinte zwei Berufs-Einbrecher nachts in seinem Hause stellte (als sie zum siebten Male bei ihm einbrachen!) verurteilt: Lebenslänglich, weil er den einen erschoss und 10 Jahre, weil er den anderen verletzte und schliesslich noch 12 Monate wegen illegalem Waffenbesitz. Der verletzte Einbrecher ist mittlerweile wieder auf freiem Fuss...

Was können wir daraus lernen?

Eines macht die Situation in England deutlich: Wenn Waffen illegal sind, haben nur die illegalen Waffen. Dem Bankräuber oder Einbrecher ist es nämlich egal ob er bei seiner Straftat zusätzlich noch gegen das Waffenrecht verstößt. Genauso wie es ihm egal ist ob er auf dem Weg zur Bank bei Rot über die Ampel fährt.

Der Bürger im Allgemeinen ist letzen Endes der Leidtragende solcher Politik. Wer sich darauf verlässt dass der Staat sein Gewaltmonopol auch wirklich zuverlässig ausübt dem lege ich folgendes aus Hessen, dem Land des schwarzen Sheriffs Roland Koch nahe:

Seit 1999 ist die Zahl der Polizisten in Hessen drastisch verringert worden: von 14 564 auf 13 378.

Versuchen Sie doch mal im ländlichen Raum nachts eine Streife anzufordern, sie werden ihr blaues Wunder erleben. In den Städten können Sie sich schonmal daran gewöhnen dass sie bei der Wahl der 110 in einer Warteschleife hängen.

Des weiteren ist es nicht hinnehmbar dass Jäger und Sportschützen regelmäßig kriminalisiert werden. Dies ist leider gängige Praxis und zeugt davon dass man sich mit den wirklichen Ursachen der Kriminalität entweder nicht befassen will oder es nicht kann weil man sie nicht kennt.

Ich persönlich wünsche mir für die Zukunft eine sachliche und tiefgründige Diskussion des Problems. Der Ruf nach immer strengeren Gesetzen ist jedenfalls keine Lösung.

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