Sonntag, 21. September 2008

Kölner Antidemokratiekongress


Erst ging es gegen Pro Köln,
ich habe nichts gesagt, denn ich gehöre ja nicht dazu.
Dann ging es gegen die CDU,
ich habe nichts gesagt, denn ich gehöre ja nicht dazu.
Dann ging es gegen die Katholiken, 
ich habe nichts gesagt, denn ich gehöre ja nicht dazu.
Dann ging es gegen mich
und keiner war mehr da, der etwas sagen konnte...

Zugegeben, an das Original von Martin Niemöller reicht es nicht heran. Und zugegeben, es fällt mir auch schwer, Sympathien für Pro Köln und ihre Gäste (u.a. war Kriegsverbrecher Le Pen angesagt) zu empfinden. Aber darum ging es heute nicht.

Die Vereinigung "Pro Köln", demokratisch in den Rat der Stadt Köln gewählt, hatte zum "Anti-Islamisierungskongress" in die Domstadt geladen. Und da ging es auch schon los: Das Kölner Establishment, allen voran OB Schramma, in Treue fest mit dem linken Rand der Stadt und den beherrschenden Printmedien verbunden, machte daraus kurzerhand den Anti-Islamkongress.

Statt sich kritisch mit dem Kongress und seinen Teilnehmern (Angesagt waren u.a. Vertreter der FPÖ, Vlaams Belang und der Front National, aber auch parteilose Islamkritiker aus ganz Europa),  wurde zunächst versucht, den Kongress mit rechtlichen Mitteln zu verhindern,. Als sich dieses fragwürdige Unterfangen als aussichtslos herausstellte, wurde eine wahre Hetzkampagne losgetreten: 

Die Kölner Tageszeitungen Express und Stadtanzeiger forderten wochenlang die Bevölkerung auf, sich an den Gegenaktionen zum Kongress zu beteiligen. Erinnert wurde dabei - ein sehr gewagter Vergleich - an die Aktion "Arsch huh, Zäng ussenander" während der 1992 100.000 Menschen auf dem Kölner Chlodwigplatz zusammenkamen, die gegen den Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen demonstrierten. Auch durften sich alle mehr oder weniger Prominenten der Stadt politisch korrekt zum Thema äußern. Natürlich auch brach auch FC-Trainer Christoph Daum eine Lanze für die Toleranz, der Mann, der sich jüngst zu der Äußerung verstieg, dass Homosexuelle aufgrund der Gefahr pädophiler Übergriffe (!) im Fußball nichts verloren haben.

An Kölner Schulen wurden vorsorglich schoneinmal alle Schüler auf Linie gebracht, es gab Plakatkampagnen und natürlich auch Unterrichtsschwerpunkte zum Thema. Politische Neutralität des Lehrpersonals? In diesem Falle wohl nicht so wichtig, kämpft man doch für die "gerechte Sache".

Mit zunehmender Stimmung gab es dann auch gleich schonmal die ersten Opfer: Ende August wurde ein Ratsherr von pro Köln krankenhausreif geschlagen, wenige Tage später wurde erneut ein Infostand der Vereinigung angegriffen. Auch auf das Fraktionsbüro wurde ein Farbbeutelanschlag verübt.

Der Kölner OB Schramma (CDU), der Stadtrat, der Landtag von NRW, der Ministerpräsident und zahlreiche weiter Offizielle riefen dann auch, auch über ihre steuerfinanzierten Internetpräsenzen zu Protesten auf. Immerhin zu friedlichen. Dass das nicht alles sein würde, war allerdings zu erwarten. Seit Monaten schon hatte die linksextreme Szene mobilisiert. Die Liste der Unterstützer der Aktion "Hingesetzt" liest sich da wie ein Who is Who.

Problematisch gestaltete sich für Pro Köln natürlich auch die Organisation des ganzen Events in einer gleichgeschalteten Stadt. Räume der Stadt wurden nicht zur Verfügung gestellt, zur Erinnerung: Pro Köln stellt eine Ratsfraktion. Auch die Kölner Wirte wurden unter dem Titel "Kein Kölsch für Nazis" in die Einheitsfront gereiht. Hinter vorgehaltener Hand war nicht jeder mit dieser Vereinnahmung glücklich, aber wem seine Existenz lieb war, der scherte lieber nicht aus.

Zuletzt fühlte sich sogar die erste Kämpferin für Demokratie und Freiheit auf der Welt bemüßigt, zu intervenieren: Die iranische Regierung intervenierte bei der französichen EU-Präsidentschaft. Dort wurde geprüft, was man gegen den Kongress tun kann. Glücklicherweise ohne Ergebnis.

Als es am Freitag dann soweit war, wich Pro Köln auf einen Ausflugsdampfer aus. Dort sollte eine Pressekonferenz stattfinden. Anschließend war eine Bustour durch die Stadt geplant. Letztere wurde von der Polizei aus Sicherheitsgründen gleich verboten und Auch die Pressekonferenz war kaum möglich: Blockierer machten den Journalisten ein durchkommen unmöglich und die Konferenzteilnehmer wurden mit Steinen und Farbbeuteln beworfen.

Das Schiff konnte nach Steinwürfen mangels "Seetüchtigkeit" dann auch nicht mehr ablegen und lag stundenlang im Niehler Hafen vor Anker. Auch war eine Weiterfahrt schon deshalb nicht mehr möglich, weil die Rheinbrücken mit steinebewehrten Demonstranten besetzt waren. Einen sicheren Landgang der Passagiere konnte oder wollte die Polizei ebenfalls nicht gewährleisten und hielt sie deshalb auf dem Schiff fest. Darunter auch Abgeordnete des österreichischen Nationalrats und des Europäischen Parlaments. Der Nationalratsabgeordnete Vilimiski drohte gar mit diplomatischen Schritten und verurteilte das Vorgehen der Polizei scharf:

Seit mehr als 4 Stunden werden österreichische Parlamentarier gegen ihren Willen auf einem Schiff am Rhein festgehalten. Die Kölner Polizei ist nicht in der Lage, die angespannte Situation in Köln zu entschärfen und kann offenbar die Sicherheit der rund 50 Passagiere nicht garantieren. Eine solche dilettantische und willkürliche Vorgehensweise sei schier unglaublich und werde sowohl auf nationaler- aber auch auf EU-Ebene zu massiven Protesten führen. Die Bundesrepublik Deutschland ist offenbar auf dem Weg zur Bananenrepublik.
Völlig unverschämt sei auch die Reaktion der Kölner Polizeispitze, die keine Entspannung der Situation gewährleisten kann und offenbar aus politischer Motivation die Menschen hier an Bord, darunter auch viele unabhängige Journalisten, nicht an Land lassen möchte.
Tag eins des Kongresses war also gescheitert. 

Für den Samstag war auf dem Kölner Heumarkt eine Kundgebung geplant, die den Kern der Veranstaltung ausmachen sollte. Viele Teilnehmer reisten erst hierzu an. 

Doch die meisten kamen über den Flughafen Köln-Bonn nicht hinaus: Dort wurden sie von der Polizei aufgehalten. Eine Weiterfahrt war nicht möglich, zunächst weil man die "Sicherheit wieder nicht gewährleisten konnte", aber auch weil Unbekannte eine Signalanlage der Bahn in Brand setzten und andere eine Sitzblockade auf den Bahngleisen abhielten.

Wer diese Hindernisse überwinden konnte, kam trotzdem kaum auf den Heumarkt, der von Gegendemonstranten umringt war. Die Polizei weigerte sich, den Teilnahmewilligen einen Zugang zum Platz zu verschaffen, da dies nur mit unverhältnismäßigen Mitteln möglich sei, so ein Sprecher. Letztlich wurde die Veranstaltung wegen "unkalkulierbarer Risiken" verboten. Sogar ein von Pro Köln gemietetes Flugzeug mit Werbebanner wurde von einem Polizeihubschrauber zur Landung gezwungen, da es die Gegendemonstranten provoziere.

Nun könnte man als Demokrat meinen, die Polizei habe sich verschätzt und man muss das bedauern, denn schließlich wurden gewaltlose Kongressteilnehmern von gewaltbereiten Gegendemonstranten an der Ausübung ihrer Versammlungsfreiheit gehindert.

Doch die Ereignisse werden gefeiert: Als "Sieg der Demokratie"! Die massiven Ausschreitungen und Rechtsbrüche werden - wenn überhaupt - bestenfalls in einem Nebensatz bedauert.

Noch bizarrer wird es, wenn in diesem Zusammenhang von "Mut" gesprochen wird. Klar, es gehört schon viel Mut dazu, sich mehreren zehntausend Menschen anzuschließen, die gegen wenige hundert demonstrieren. 

Auch die Medien begeistern sich für den Phyrrussieg von Demokratie/Pluralismus/Toleranz/Mut. Nur wenige beleuchten die Ereignisse kritisch. Immerhin bringt es die FAZ ganz treffend auf den Punkt:

Kölner Toleranz

Intoleranz kommt groß in Mode. Der Kölner Oberbürgermeister rühmt sich seiner Intoleranz gegen eine kleine Gruppe in seiner Stadt, die sich vor Muslimen fürchtet. Es mögen nicht die umgänglichsten Zeitgenossen sein, die da einen “Anti-Islamisierungskongress” veranstalten, doch unangenehm sind auch Politiker, die sich an Demonstrationen gegen Bürger beteiligen. Früher war es das Vorrecht der Bürger, gegen die Politik auf die Straße zu gehen. Neu interpretiert wird seit einiger Zeit auch der Begriff Zivilcourage. “Mut” zeigt, wer mit der ganz großen Mehrheit gegen (gewaltlose) Minderheiten vorgeht. Es müssen allerdings inländische Minderheiten sein. So wie umgekehrt mit stark ausländischem Akzent sprechen muss, wer im Rundfunk mit Kritik an muslimischen Verbänden zu Wort kommen will. Für die Kölner, die jetzt zu Zehntausenden “für Toleranz” demonstrieren, ist die Existenz von ein paar hundert Leuten rechtsaußen in ihrer Stadt schier unerträglich. Deshalb werden dort auch Anschläge auf Mitglieder von “Pro Köln” stillschweigend toleriert. Diese Mode ist wirklich zum Fürchten.

Das bleibt auch mir von diesem Tag: Furcht. Um die Freiheit, um die Demokratie in unserem Lande. Eines ist sicher: Die, die heute am lautesten behauptet haben, sie würden sie verteidigen, haben sie am meisten mit Füßen getreten.

Dazu fällt mir auch noch ein passendes Schlussziat ein:

Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus.
Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.
Ignazio Silone

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

I enjoyed your blog, good job!